Wie gelingen selbstbestimmte Berufseinstiege? Wie werden sich Jugendliche ihrer Fähigkeiten und Potentiale bewusst, sodass sie motiviert sind, sich mit ihrem Lebensweg auseinander zu setzen? Und wer unterstützt sie darin, sich über Berufsbilder zu informieren? Vor allem aber, warum fallen Jugendliche überhaupt aus dem System und finden leider nicht ihren heißbegehrten Ausbildungsplatz? Welche Rolle spielt Bildungsungerechtigkeit dabei und was kann zur Verbesserung beigetragen werden?
Die Förderinitiative Zukunftsträger
Mit der Initiative Zukunftsträger will EDUCATION Y im Schulterschluss mit der Stadt Ludwigshafen am Rhein junge Menschen dabei unterstützen, einen auf ihren Fähigkeiten und Potentialen basierenden, (beruflichen) Lebensweg einschlagen zu können. Das Ziel von Zukunftsträger: In Ludwigshafen arbeiten alle Akteure von der Schule bis zum Ausbildungsbetrieb engagiert und ambitioniert daran, Jugendliche darin zu unterstützen, einen für sie passenden Beruf zu finden.
„„Ich weiß nicht, was ich will“, sagt ein Jugendlicher, „ich hab´ Angst, fühl mich nicht bereit für eine Ausbildung“, sagte eine andere, „ich werde mal den Betrieb meines Vaters übernehmen“, sagt wieder ein anderer. – Alle drei wissen am Ende genau, was sie von Zukunftsträger zu erwarten haben. Sie haben Zugang, Möglichkeiten und vielfältige Wege dafür, sind selbstverständlicher Teil davon, fühlen sich gut behandelt und aufgehoben. Wäre das nicht schön?“
Bedarf, Wunsch und Ziel der Initiative Zukunftsträger in Ludwigshafen lässt sich bildlicher wohl kaum besser beschreiben als diese Vision, die direkt aus der Region stammt (als Feedback zum ersten Zukunftsträger-Fachtag).
Mehr erreichen durch Gemeinsam Wirken
Jede Bildungsinstitution in Ludwigshafen leistet wertvolle pädagogische Arbeit mit dem Ziel, junge Menschen auf ihrem Weg in ein eigenständiges Leben zu unterstützen. Dennoch gelingt das nicht immer, es sind weitere wirksame Unterstützungsangebote erforderlich, die nachhaltig in der Struktur verankert sind. Diese Angebote miteinander zu vernetzen und einen Gemeinsam Wirken Verbund zu erstellen, das ist unser Ziel. Zukunftsträger liegt das Einverständnis zugrunde, dass die unterschiedlichen Informationen sinnvoll miteinander verzahnt vorliegen und einfach, schnell und von überall abzurufen sind. Die Akteure müssten bereit sein, Informationen weiterzugeben, Angebote sinnvoll miteinander zu teilen, Kooperationen einzugehen und in gegenseitiger Absprache zu stehen, und zwar ganz im Sinne, nämlich potentialorientiert, aus der Sicht und unter Einbeziehung der Jugendlichen.
Um diese Ziele erreichen zu können, arbeiten zwei Mitarbeiterinnen von EDUCATION Y zusammen mit einer Kollegin der Stadt Ludwigshafen als Zukunftsträger Team in Ludwigshafen. Initiiert wurde das Projekt, das ebenfalls in Leipzig und München durchgeführt wird, von dem gemeinnützigen Analyse- und Beratungshaus PHINEO mit der JPMorgan Chase Foundation. In der Metropolregion haben sich darüber hinaus engagierte und starke Partner*innen aus dem öffentlichen Sektor, dem Stiftungsbereich und der Wirtschaft, wie BASF SE, John Deere, FUCHS Schmierstoffe, Berrang, DIRINGER & SCHEIDEL Unternehmensgruppe gefunden, die Zukunftsträger bis November 2022 unterstützen werden.
Die „Zukunftsträger-Verantwortungsgemeinschaft“
Die Lösung von solch komplexen sozialen Problemen wie passgenaue Bildungs- und Berufsangebote und damit verbundene Bildungsgerechtigkeit im Übergang Schule-Beruf kann aus der Sicht von Zukunftsträger demnach weitaus besser gelingen, wenn verschiedene Akteure aus unterschiedlichen Bereichen wie Politik, Verwaltung, Wirtschaft, Zivilgesellschaft etc. zusammenarbeiten. Im Feld des Übergangs von der Schule in die Ausbildung bietet sich die ressortübergreifende Zusammenarbeit direkt an, weil so viele unterschiedliche Institutionen beteiligt sind, deren Einflussbereiche weit über kommunale Zuständigkeiten hinaus reichen: In Ludwigshafen ist das Zukunftsträger Team aktuell mit mehr als 25 verschiedenen Partnern im Gespräch – dazu gehören neben den Institutionen der Stadt wie das Jugendamt, die Schulverwaltung, die Jugendförderung auch freie Träger wie etwa die Ökumenische Fördergemeinschaft, der Ludwigshafener Verein für Jugendhilfe und weitere Institutionen wie die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Jugendberufsagentur und verschiedene NPOs wie Rock your Life und Phase BE. Damit diese Institutionen miteinander im Sinne von „Zukunftsträger“ bzw. eines sogenannten „Collective Impacts“ miteinander arbeiten können, braucht es neben dem Engagement aller Beteiligten, vor allem geeignete Kooperations- und Kommunikationsstrukturen, die der Komplexität der Projektaufgabe gewachsen sind. Anschließend kommt es darauf an, sehr klare und konkrete Schritte festzulegen, um die Handlungsspielräume der einzelnen Partner optimal zu nutzen, schließlich sollen zwar alle in die gleiche Richtung gehen, ohne jedoch die Möglichkeiten der einzelnen Beteiligten einzuschränken.
Das Zukunftsträger Team in Ludwigshafen steht 2021 genau vor dieser ‑Mammutaufgabe“: Wir müssen Wissen generieren, Angebote sortieren, Austausch ermöglichen, Lücken schließen, Schnittstellen finden, Bildungsketten vervollständigen und tragfähige (Kommunikations-) Strukturen aufbauen. Wenn wir erfolgreich sind, könnte aus der Vielfalt der Partner eine passgenaue Angebotsstruktur, aus ihrer Begegnung auf Augenhöhe Respekt, aus ihrer Offenheit Vertrauen, aus gemeinsam festgelegten Zielen Verbindlichkeit und schließlich aus einer großen Portion Mut bahnbrechende, systemische Veränderung im Übergangssystem entstehen.
Aus vielen einzelnen, engagierten „Zukunftsträgern“ würde eine „Zukunftsträger-Verantwortungsgemeinschaft“ werden.
Zur Autorin
JULIA KIZHUKANDAYIL