Wenn die Lehrerin zweimal klingelt; und dann die ausgedruckten Lehr- und Lernmaterialien in den Briefkasten wirft. Wenn die Lehrerin für sich und ihre Erstklässler den ersten wöchentlichen Video Call organisiert und damit alle Augen zum Leuchten bringt. Wenn der Musiklehrer im eigenen Wintergarten ein Lied zum Mitsingen und Mitklatschen einspielt und es zur eigenen Überraschung erfolgreich in die Cloud hochlädt. Und wenn die Cousine stolz davon berichtet, wie sie sich ohne große Einführung nun täglich mit Mitschülern und Lehrern auf der funktionierenden Berliner (!) Lernplattform austauscht. Dann ist jede dieser kleinen Anekdoten zusammengenommen ein riesiger Erfolg und das Fundament für das zukünftige, gemeinsame Lernen.
Jetzt sollte nicht die Zeit dafür sein, dass Lehrer sich über andere Lehrer Lustig machen, wenn es diesen gelingt, ihre ersten PDFs zu verschicken. Oder die Kreativität und Herkulestaten der Kollegen zu schmälern, die jetzt auf verschiedenen Kanälen digital feuern und damit sicherlich nicht die Absicht verfolgen, die anderen Lehrenden schlecht aussehen zu lassen. Und wer möchte sich gerade durch kilometerlange Empfehlungs-Emails von Eltern an alle Eltern und Lehrer durchwühlen, wenn man früh ahnen muss, dass es zum Ende dieses Austauschs gern grundsätzlich und damit häufig juristisch wird.
Es ist die Zeit für Anerkennung. Anerkennung für die Leistung aller im Bildungs- und Betreuungssystem; Eltern und Schülerinnen natürlich eingeschlossen. Natürlich darf man sich auch ärgern und gemeinsam überlegen, wie es konkret besser gehen könnte. Wir sollten auch nicht meinen, zur alten Normalität zurückkehren zu können, ohne nach der akuten Krisensituation sauber aufzubereiten, was funktioniert und weniger gut funktioniert hat. Die vielen spontanen Erstevaluierungen an Schulen, Kitas und Unterstützungsorganisationen gilt es sichtbar zu machen und für anstehende Entscheidungen zusammenzuführen. Die beschleunigte Nutzung sinnvoller digitaler und stärker auf individuelle Bedarfe zugeschnittener Unterstützungsformate muss weitergetrieben werden und auch besser wirtschaftlich schwache Familien erreichen. Wenn uns dies gelingt, dann können wir im Rückblick hoffentlich sagen, dass die heutige Krise den Übergang zur neuen Normalität im deutschen Bildungssystem markiert; einer neuen Normalität, die hoffentlich von mehr Miteinander, mehr Bildungsgerechtigkeit und mehr Bildungsinnovationen geprägt wird.
ZUM AUTOR
MAREK WALLENFELS
Sozialunternehmer aus Leidenschaft;
im Einsatz für Bildungsinnovationen und mehr Bildungsgerechtigkeit:
„Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ohne faire Bildungs- und Aufstiegschancen nicht zu haben.“