In den letzten Wochen habe ich mir wie viele andere auch Gedanken zum Druck gemacht, unter dem Kinder und Eltern derzeit stehen. In der Woche, in der bundesweit immer mehr Schulen und Kindertagesstätten öffnen, vernehme ich erheblich vermehrt die Stimmen von Schulleitungen und Lehrerinnen, die sich förmlich an die Wand gedrückt fühlen.
Der Druck ist für alle Beteiligten seit Wochen spürbar. Aber scheinbar hat die Aussicht auf die Rückkehr der Kinder und Jugendlichen weiter Unsicherheit und Frustration ins Gefüge gebracht. Von allen Seiten erreichen Schulleiterinnen aber auch Lehrer oftmals widersprüchliche Vorgaben, Empfehlungen, Rückfragen, Wünsche und Drohungen. Ein Großteil dieser Ansinnen ist absolut richtig und sogar notwendig, wenn dabei das gelingende Lernen der Schülerinnen und mit Blick in die Zukunft auch eine Verbesserung der allgemeinen Lernsituation im Mittelpunkt steht. Neben diesen konstruktiven Formen des Austausches mehren sich leider die Berichte über destruktive und herabsetzende Ansprachen. Allen dürfte klar sein, dass diese wenngleich wenigen Fälle des Gegeneinanders überproportional viele Kräfte binden, die an anderer Stelle so bitter nötig wären.
Dies alles mag ein Spiegelbild unserer Zeit und insbesondere der Krise sein. Natürlich sind Lernorte immer auch ein Auszug der Gesellschaft. Wir müssen Ausfälle aber nicht dulden. Als individuell Beteiligte müssen wir stattdessen widersprechen und Schulleitungen gegen Anfeindungen unterstützen.
Für Bildungsakteure stellt sich die Aufgabe zusätzlich noch etwas größer dar. Welche Mechanismen zur individuellen Unterstützung Schulleitungen und Lehrerinnen (z.B. Supervision, Coachings) können wir kurzfristig ausweiten? Wie können wir die intraschulischen Bearbeitungs- und Partizipationsgremien auch auf Distanz (z.B. als digitale Schul- und Gesamtkonferenzen) zur konstruktiven Bewältigung der Krise nutzen und gleichzeitig stärken? Und leider nicht unwichtig und allzu aktuell: Wie können Schulleitungen und Lehrer konkret und verbindlich gegen die scheinbar grassierende Androhung und Verfolgung rechtlicher und disziplinarischer Schritte in Schutz genommen werden?
Schulleitungen und Lehrerinnen haben ihre Aufgaben und sie sind vergleichsweise gut auf den Umgang mit Konflikten vorbereitet. Aber spätestens nach der Krise müssen wir auch stärker darüber nachdenken, wie wir besser mit diesen neuen „hybriden Schulkonflikten“ umgehen können.
Zum Autor
MAREK WALLENFELS
Sozialunternehmer aus Leidenschaft;
im Einsatz für Bildungsinnovationen und mehr Bildungsgerechtigkeit:
„Gesellschaftlicher Zusammenhalt ist ohne faire Bildungs- und Aufstiegschancen nicht zu haben.“
Beitragsbild: CoWomen auf Unsplash